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4 Gründe, warum Schweizer Angst haben, Englisch zu sprechen

Auch in der Schweiz gibt es das Phänomen der Englisch Phobie. Im Unterschied zu den Deutschen haben Schweizer jedoch mit anderen Ursachen einer Englisch Sprachblockade zu kämpfen: 

 

Obwohl in der Schweiz eine enorme sprachliche Vielfalt herrscht, gibt es auch dort Menschen, die beim Englisch reden plötzlich Angstsymptome spüren. Dies können Symptome wie Herzrasen, Schweissausbrüche, komplette Leere im Kopf oder Stottern sein, aber auch Vermeidungsverhalten und der Wunsch, jeder Englischsituation so schnell wie möglich zu entfliehen. Die Ursachen einer solchen Englisch Phobie sind immer individuell, jedoch lassen sich aufgrund 4 typischer Charaktereigenschaften der Schweizer die Ursachen etwas genauer eingrenzen:

 

1. Die Schweizer sind extrem genau und gewissenhaft

Eine Fremdsprache zu sprechen erfordert Mut zur Lücke. Und damit hadern Schweizer. Sie machen ungern etwas, das sie nicht im Griff haben. Und wenn sie etwas nicht können, dann üben sie erst, bis sie es beherrschen und gehen dann erst "ins Feld". Beim Englisch sprechen stossen sie dann aber an ihre Grenzen, denn auch wenn fast jeder Schweizer Englisch in der Schule hatte, muss man irgendwann "einfach machen", drauflos reden und in Kauf nehmen, dass die ersten Sätze etwas holprig sind. Kommen hier dann noch individuelle negative Glaubenssätze dazu, wie zum Beispiel "Ich werde nur akzeptiert, wenn ich alles richtig mache", dann kann der Sprachfluss schon mal komplett blockiert sein. Englisch frei zu reden ist eine emotionale Angelegenheit und keine Sache des Kopfes. Wenn starke negative Emotionen wie Selbstkritik oder zu hohe Ansprüche an sich selbst den Redefluss blockieren, dann kann starke Angst auftreten. Eine Therapie kann helfen, diese Angstsymptome zu beseitigen (weitere Informationen dazu finden Sie am Ende dieses Artikels).

 

2. Die Schweizer sind sehr konfliktscheu

In der Schweiz wird Kritik nie direkt geäussert, man redet lange um den heissen Brei herum und ist generell sehr vorsichtig und bemüht, niemandem "auf die Füße zu treten". Was generell nichts Schlechtes ist, wird jedoch beim Englisch reden zur Qual, denn sobald man eine Fremdsprache spricht, hat man nicht mehr die hundertprozentige Kontrolle über die Wirkung seiner Worte. Man tappt ein bisschen im Dunkeln und kann nur hoffen, dass man seine Worte richtig gewählt hat. In der Schweiz gibt es aber sehr viele ungeschriebene Regeln, was das Zwischenmenschliche und das Zusammenleben angeht und an diese vielen Regeln, die sehr kompliziert sind und die nirgendwo niedergeschrieben sind, hält sich ausnahmslos jeder. Man denke nur an die vielen Feinheiten bei der Schweizer Begrüssung, Verabschiedung oder wenn man im Restaurant etwas bestellen möchte. Man muss sich also gut auskennen, wenn man in der Schweiz als "verträglich" angesehen werden will, und das ist den Schweizern generell sehr wichtig. Aber wie wirkt man auf Englisch "verträglich"? Das kann dann schon mal zu einem echten Hindernislauf werden, weil man nie die Garantie dafür hat, die richtige Tonlage, das exakt richtige Wort oder die genaue Anzahl von "Please" oder "Thank you" gewählt zu haben. Für Schweizer ist so eine Unsicherheit sehr schwer auszuhalten, weil sie nicht anecken wollen. Kommt dann eine individuelle Prägung (z.B. aus der Kindheit oder Schulzeit) hinzu, die vielleicht negativ war in Bezug auf das Thema Anpassung, dann können auch hier Angstsymptome auftreten. In einem solchen Fall kann es helfen, den übergroßen Anpassungsdrang etwas zu lockern und durch einen positiven Glaubenssatz wie zum Beispiel "Ich darf anders sein" zu ersetzen.

 

3. Die meisten Schweizer sind eher introvertiert und es mangelt ihnen häufig an Offenheit für neue Erfahrungen

Englisch zu reden ist für die meist introvertierten Schweizer doppelt schwierig. Man muss aus seiner Komfortzone raus und fühlt sich per se beim Englisch reden ungeschützt, jeglicher Kritik ausgeliefert und von anderen bewertet. Bevor ein Schweizer auf andere zugeht, sorgt er erstmal in sich selbst für Ordnung. Erst wenn er für sich selbst geklärt hat, was er mitteilen will und seine Gedanken geordnet hat, geht er auf andere zu. Das ist eine gewisse Bodenständigkeit, die sehr sympathisch und angenehm ist - aber beim Englisch sprechen steht dem Schweizer das im Weg. Denn eine fremde Sprache zu sprechen ist in etwa so, als würde man mit etwas Unfertigem auf andere Menschen zugehen müssen und darauf hoffen, dass es beim Sprechen schon zu etwas Fertigem wird. Verstehen und verstanden werden sind in der Schweiz aber sehr wichtig. Man kann dort nicht einfach etwas ignorieren, was man nicht verstanden hat, und doch ist diese Fähigkeit beim Englisch sprechen sehr wichtig. Es ist deshalb oft besser, etwas zu ignorieren, was man nicht verstanden hat, da im nächsten Satz vielleicht schon der Schlüssel zum Verständnis liegt. Der Ordnungssinn der Schweizer verlangt aber, eins nach dem anderen zu machen. Beim Englisch reden muss man aber manchmal die Fähigkeit haben, den ersten Satz erst Minuten später zu verstehen, weil man warten und Unverstandenes ignorieren konnte. Kommt auch hier wieder eine individuelle Prägung hinzu, können Angstsymptome auftreten, weil sich innerlich etwas gegen diese "Unordnung" beim Englisch reden wehrt.

 

4. Schweizer lieben überschaubare Lösungen und mögen keine Experimente

Diese Schweizer Bodenständigkeit kann zur Falle werden, denn Englisch zu sprechen erfordert Experimentierfreudigkeit und ein gewisses "Loslassen". Ich vergleiche Englisch reden gerne mit einem Tanz: Man darf beim Tanzen niemals auf die einzelnen Schritte achten, denn dann fängt man an, zu stolpern. Man muss sich der Musik und seinem Tanzpartner anvertrauen und mit dem "Flow" gehen, sonst wird der Tanz (für einen selbst und auch für andere) zur Qual. Und das gleiche passiert manchen Schweizern beim Englisch sprechen: Sie wollen die Qualität ihres Englisch kontrollieren, aber dadurch gelangt alles ins Stocken und sie verlieren den Flow, der dafür sorgt, dass die Worte einem einfallen und man nicht krampfhaft danach suchen muss. Wenn man aus seiner Kindheit oder Schulzeit die Prägung erhalten hat: "Sei immer gewissenhaft", dann wird man immer versuchen, die Kontrolle darüber zu haben, was man gerade tut. Das geht beim Fremdsprachensprechen aber schlichtweg nicht. Eine Fremdsprache fliessend und frei zu sprechen erfordert genau das Gegenteil, nämlich "sich zu verlieren". Es ist genau das Gegenteil von Kontrolle: Um Englisch frei und selbstbewusst (und erfolgreich) zu sprechen, muss man die Kontrolle aufgeben. Angstsymptome können auch hier auftreten als Zeichen eines inneren Widerstands gegen den Kontrollverlust (aufgrund einer starken andersartigen früheren Prägung). Alle genannten Phänomene lassen sich jedoch in einer Kurzzeittherapie sehr gut auflösen, so dass ein freies und ungehindertes Englisch sprechen möglich wird.

 

Zu mir: Ich bin Natalie Marby, Halb-Engländerin und Halb-Deutsche und ich habe mich als Therapeutin auf die Behandlung von Englisch Phobie spezialisiert. Diese löse ich (auch telefonisch) meist in wenigen Sitzungen. Weitere Informationen und Erfahrungsberichte zur dieser speziellen Therapie finden Sie hier: Psychotherapie bei Angst vor dem Englisch reden.  

 

Zum Weiterlesen: 5 Glaubenssätze, die das Englisch sprechen problematisch machen.

 

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