Fremdsprachenangst bei Schulkindern: Was können Eltern und Lehrer tun?

Wenn Sie das Wort Fremdsprachenangst zum ersten Mal lesen, dann kann es sich lohnen, sich hier zunächst einen kurzen Überblick zu verschaffen: Fremdsprachenangst - was ist das? Und nun zu den Tipps für Lehrer und Eltern:

Das Kind wird typischerweise eines der folgenden Verhaltensauffälligkeiten aufweisen:

• Starke Zurückhaltung zum Beispiel im Englischunterricht, obwohl das Kind sich in anderen Fächern aktiv beteiligt
• Das Kind verstummt, wenn es ohne Vorwarnung die Fremdsprache sprechen soll
• Oft haben diese Kinder im schriftlichen Teil gute Noten, können dieses Wissen jedoch nicht in der gesprochenen Sprache ausdrücken
• Das Kind drückt Angst aus, wenn es während des Unterrichts etwas in der fremden Sprache sagen soll, zum Beispiel durch weit aufgerissene Augen oder indem es den Kopf senkt, Versteifungen des Körpers, Erröten, Unwohlsein (Bauchschmerzen sind ein typisches Angstsymptom bei Kindern), manchmal auch Weinen
• Das Kind reagiert eventuell aggressiv auf den Lehrer, weil es sich aufgrund seiner Angst überfordert fühlt
• Manchmal spielen Kinder mit Fremdsprachenangst den Klassenclown, um sich dadurch selbstbewusster zu fühlen
• Kinder wollen ihre Hausaufgaben im Fremdsprachenfach nicht machen - auch dann nicht, wenn die Eltern helfen
• Jedes Wort in der fremden Sprache, und sei es noch so kurz und simpel, verursacht dem Kind große Schwierigkeiten, wenn es das Wort laut aussprechen soll
•  Wenn man das Kind darauf anspricht, weicht es aus oder wird wütend oder traurig

Die größte Schwierigkeit für betroffene Kinder besteht darin, dass sie ihre Angst meist selbst nicht verstehen. Sie reagieren mit Angst auf die Sprache, ohne zu verstehen, woher diese Angst kommt. Nach außen sieht das dann aus wie eine Verweigerung - dabei kann das Kind einfach nicht anders, als die Sprache zu verweigern, denn wenn es die Sprache spricht, wird es von Angst überflutet. Wenn Lehrer oder Eltern das Kind wiederholt darauf ansprechen, nach dem Motto: "Warum sprichst du denn nicht? Du kannst doch Englisch, also rede doch!" dann wird das Kind sich noch mehr zurückziehen, denn es hat auf diese Frage schlichtweg keine Antwort. Die Kinder, mit denen ich therapeutisch arbeite, mussten oft über mehrere Jahre hinweg erleben, dass niemand sie versteht. Das kann für ein Kind extrem schmerzhaft sein.

1. Wenn ein Kind eines der oben genannten Symptome aufweist, beobachten Sie es eine Weile. Vermeiden Sie es unbedingt, das Kind zum Sprechen zu zwingen, vor allen Dingen nicht vor der Klasse.
2. Wenn das Kind alt genug ist, dann versuchen Sie, ein Gespräch mit dem Kind zu führen. Bleiben Sie dabei möglichst positiv und entspannt, zum Beispiel so: "Manchmal hat man Angst, ohne zu wissen, warum. Das ist in Ordnung. Das wollte ich dich nur wissen lassen." - Sie werden an der Reaktion des Kindes sofort merken, ob Sie ins Schwarze getroffen haben. Wenn Sie dem Kind vermitteln, dass Sie als Lehrer seine Angst sehen und akzeptieren können - und zwar ohne die Angst zu verstehen - dann wird das Kind nach und nach seine Angst ebenfalls akzeptieren können, und das ist oft der erste Schritt in Richtung Heilung.
3. Fragen Sie im nächsten Schritt das Kind, was es braucht, um sich im Unterricht besser zu fühlen und sich aktiv zu beteiligen. Wenn das Kind blockt oder die Antwort verweigert ("Weiß nicht"), dann wissen Sie, dass es sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit um eine Angststörung handelt, die in die Hände eines Therapeuten gehört. Fremdsprachenangst ist nach wie vor in Deutschland ein recht unbekanntes Phänomen, jedoch sehr verbreitet und es lässt sich oft in wenigen Terminen dauerhaft beheben. (Zum Weiterlesen: Wie Psychotherapie hilft, die Angst vor dem Englisch sprechen zu überwinden)

1. Gibt es unerklärbares Vermeidungsverhalten, wenn Ihr Kind mit der Fremdsprache in Kontakt kommt? Wenn ja, versuchen Sie, den Druck herauszunehmen. Ihr Kind fühlt sich vermutlich mit seiner Angst sehr allein. Die Eltern sind oft die einzige Sicherheit, die ein Kind in solchen Situationen hat, deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie Ihrem Kind vermitteln, dass Sie ihm bedingungslos zur Seite stehen.
2. Teilen Sie Ihrem Kind mit, dass die Fremdsprache nicht so wichtig ist. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie es lieben, auch dann, wenn es die fremde Sprache nicht sprechen will. Natürlich wollen Sie als Eltern nicht, dass Ihr Kind ohne Englisch aufwächst, denn dadurch würden ihm viele Karrierechancen verwehrt bleiben. In diesem Moment jedoch, in dem Ihr Kind vor etwas Angst hat, das es selbst nicht versteht, ist es sehr, sehr wichtig, dass Sie Ihr Kind an erste Stelle setzen. Ich habe in meiner Praxis schon viele Kinder erlebt, die das Gefühl hatten, funktionieren zu müssen - und zwar um jeden Preis. Das hat die Angst noch verstärkt und dies führt das Kind in eine Sackgasse, aus der es schwer wieder herauskommt.
3. Erklären Sie Ihrem Kind, dass es Menschen gibt (Therapeuten), die sich wie Ärzte um solche Dinge kümmern und es heilen können. Wenn man sein Kind fragt: "Möchtest du mal mit einem Therapeuten darüber sprechen?" werden vermutlich neun von zehn Kindern das Gesicht verziehen, weil Therapie in ihren Augen keinen Spaß macht. Wenn Sie jedoch fragen: "Hast du Lust, dass die Sprache für dich leichter wird?" und es wie ein Spiel klingen lassen, dann werden Sie wahrscheinlich eine bessere Reaktion erzielen. (Ein Hinweis: Meine Termine mit Kindern sind immer durchweg spielerisch, positiv und leicht. Jedes Kind, mit dem ich gearbeitet habe, hat die Stunden als etwas Spaßiges empfunden, dass zudem noch hilft)
4. Mein letzter Tipp betrifft Sie selbst als Eltern: Es gibt sehr oft das Phänomen, dass Eltern ihre eigenen Fremdsprachenhemmungen unbewusst auf ihre Kinder übertragen. Wenn Sie den Verdacht haben, dass dies der Fall sein könnte, dann empfehle ich Ihnen folgenden Artikel: Wie sich Englisch Hemmungen von Eltern auf Kinder übertragen können

1. Wie man beim Englisch sprechen blockadeartige Aussetzer vermeidet: 3 Tipps
2. Englischprobleme bei Adoptivkindern: Psychologische Ursache
3. Warum Kinder mit Migrationshintergrund oft Schwierigkeiten mit Englisch haben
4. Xenoglossophobie (Fremdsprachenangst) erkennen: 3 Merkmale

Ich bin Natalie Marby und ich arbeite (auch online) therapeutisch mit Menschen, die starke Angst vor dem Englisch reden haben. Woher diese Angst vor dem Englisch sprechen kommt, erfahren Sie hier: Ursachen von Englisch Sprechangst

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